Die Adventzeit beginnt. Die vorweihnachtliche Zeit hat schon längst in den Geschäften angefangen. Wie jedes Jahr werden viele von uns sich vielleicht darüber beklagen, wie unser christliches Brauchtum missbraucht und von seinem echten Inhalt entleert wird. Es wird Halloween gefeiert und nicht mehr Allerheiligen; es wird von „Zipfelmützen-Männchen“ geredet und nicht vom Hl. Nikolaus; man feiert das Laternenfest und redet dabei mit keinem Wort mehr über den heiligen Martin; es gibt Kopfschütteln darüber, dass man nur noch „Weihnachtsmänner sieht“, dass die Weihnachtsmärkte immer früher beginnen und dass es nur „Stress“ und Hektik gibt.
Für viele Menschen in unserer Gesellschaft ist die Religion, ist das Christentum völlig gleichgültig geworden. Viele leben ohne Gott, glauben nicht mehr an ihn, nicht weil sie überzeugte Atheisten sind, sondern weil Gott ihnen gleichgültig ist, für sie keine Bedeutung (mehr) hat, weil sie meinen, ihn nicht (mehr) zu brauchen.
Es ist für uns, Christen, gut und notwendig, in so einem gesellschaftlichen Klima die Worte von Jesus zu hören: „Seid wachsam!“ Seid auf der Hut! Passt auf! Lasst euch nicht ablenken und mitreißen! Wachsamkeit ist eine Voraussetzung, damit ich mein Leben bewusster gestalten kann, damit ich nicht vergesse, was ich in meinem Leben anstreben will und ob ich noch auf dem richtigen Weg dazu bin.
Spielt Jesus, spielt Gott in meinem Leben noch eine große Rolle? Oder ist er nur noch am Rande, in einem vagen Bewusstsein da? Wachsam sein: Verhindern, dass unsere Beziehung zu Jesus und zu Gott verwässert, oder sogar abbricht. Was bedeutet er mir (noch)? Suche ich, habe ich eine Sehnsucht nach einer Beziehung zu Gott? Und wie lebe ich sie?
Paulus sagt in der heutigen 1. Lesung zu den Christen in Korinth: „Durch ihn (Jesus) seid ihr in jeder Beziehung reich geworden“. Und ich frage mich: Habe ich das Gefühl, das ich „reich“ bin, weil ich an Jesus glaube? Fühle ich mich von ihm „bereichert“?
„Die Botschaft von Jesus Christus hat euer Leben auf ein solides Fundament gestellt.“ Bieten Jesus und seine Botschaft mir in meinem Leben wirklich einen Halt? Habe ich das Gefühl mitten in den „Stürmen des Lebens“ nicht allein und verlassen zu sein, weil ich auf Jesus und auf Gott vertraue?
„Advent“ - kommt vom Lateinischen „advenire“: Kommen, ankommen. Es wird uns wieder verstärkt ins Bewusstsein gerufen: Gott kommt auf uns zu, kommt uns entgegen. Er will in unserem Leben ankommen. Er will mitten in unserem Leben anwesend und wirksam sein. Und ich bin adventlich, wenn ich Ausschau nach ihm halte, ganz bewusst. Advent. Mich neu auf Gott einstimmen. Mich erneut und vertieft an ihm orientieren.
An diesem 1. Adventsonntag sollen wir entscheiden: Welche vielleicht neue Schritte möchte ich auf Gott zu machen, damit er in meinem Leben ankommen kann? Stille Momente in meinen Alltag bewusst einplanen, um bei Gott zu verweilen, sei es auch nur eine Minute lang? Mir Zeit für Gott nehmen? Meine Beziehung zu ihm bewusst pflegen? Prioritäten setzen … für Gott?
Wenn wir solche Zeiträume für Gott freihalten, wird auch unser Lebensalltag an Qualität, an Tiefe gewinnen. In dieser Adventzeit unsere Sehnsucht nach Gott wachrufen, ausdrücken, aussprechen, aussingen, und so unsere Beziehung zu ihm vertiefen und festigen. Jedes Mal, wenn wir die nächste Kerze auf dem Adventkranz anzünden, bestätigen wir das symbolisch: Gott, du bist für mich wie ein Licht in der Nacht.
„Seid also wachsam!“, ruft Jesus uns zu. Richten wir uns in diesen adventlichen Tagen wieder neu auf den Gott aus, der uns entgegengekommen ist in Jesus von Nazareth. Erst dann kann Weihnachten werden. Dann kann Jesus in uns „neu geboren werden“, aktiv in unserem Leben anwesend sein.